Wiedereingliederung nach langer Zeit

Der sofortige und vollständige Einstieg ist der stufenweisen Wiedereingliederung in der Regel vorzuziehen. Wenn Schüler*innen allerdings längere Zeit nicht mehr in der Schule waren, ist manchmal eine sofortige Wiedereingliederung nicht möglich. Zu beachten bei einem stufenweisen Einstieg:

– Start mit 2-3 Stunden täglich, das Kind wird an der Auswahl der Fächer beteiligt. Interessen des Kindes sind nur ein Faktor bei der Auswahl

– Der Ausbau wird gleich am Anfang mit thematisiert, vollständiger Wiedereinstieg sollte sich in den ersten 3-4 Wochen vollziehen

– Gasthörerstatus etablieren, dem Kind erlauben, den Schultag eigenständig zu verlängern und es dafür loben.

Eine Wiedereingliederung ohne Verantwortungsübernahme und Mitarbeit der Schule ist nicht möglich. Eine Wiedereingliederung ohne Verantwortungsübernahme der Eltern ist nicht möglich. 

Eine Wiedereingliederung ohne Einsicht und Mitarbeit des Kindes ist möglich.

In den meisten Fällen hat das Kind zwar den Wunsch, wieder zur Schule zu gehen, aber in der konkreten Situation schafft es das doch nicht.  Also braucht es eine klare gemeinsame Botschaft der Erwachsenen: „Wir haben gemeinsame Absprachen getroffen, wir arbeiten zusammen.“

Die Ergebnisse dieser Absprachen werden dem Kind mitgeteilt, sowohl von Eltern als auch von der Klassenlehrkraft. 

Alle Fachlehrer*innen müssen über den Wiedereinstieg informiert sein, und zwar über:

– das Datum der Wiedereingliederung, Anzahl der Stunden

– den „Schutzstatus“ bzw. „Gasthörerstatus“ des Kindes, je nach Vereinbarung (keine Klassenarbeiten schreiben, Kind nur bei Meldung drannehmen)

– darüber, keine Kommentare oder Nachfragen zur langen Abwesenheit zu machen

– darüber, das Kind trotz der Schwierigkeiten in der Schule zu halten

– darüber, wer Unterstützung und Ansprechpartner bei Schwierigkeiten ist (Klassenlehrkraft oder Schulsozialarbeit

Bei der Information an die Klasse ist es wichtig, das Kind mit einzubeziehen. Welche Sprachregelung wünscht sich das Kind? Soll die Klassenlehrkraft vorab mit der Klasse über die  vorangegangene Abwesenheit sprechen und was darf mitgeteilt werden? 

Empfehlenswert ist eine kurze Ankündigung an die Klasse am Vortag:

„Euer*e Mitschüler*in … kommt wieder zum Unterricht. Bitte heißt sie freundlich willkommen und macht ihr den Einstieg leicht. Das schafft ihr, indem ihr ihn/ sie nicht mit Fragen bestürmt, sondern erstmal ankommen lasst.“

Aller Anfang ist bekanntlich schwer, das gilt für die Wiedereingliederung erst recht. Deshalb muss der erste Tag gut geplant und umgesetzt werden.

– Nehmen Sie (bzw. Schulsozialarbeit oder Mitschüler*innen) das Kind an der Tür in Empfang. Am besten unmittelbar vor Stundenbeginn

– Wenn das Kind Beschwerden hat oder weint, suchen Sie nach einer Lösung in der Schule, z.B. mit Unterstützung der Schulsozialarbeit. 

– Vereinbaren Sie ein kurzes Gespräch mit dem Kind zum Ende des Schultages. Loben Sie das Kind kurz und fragen Sie nach, wie der Tag war.

Für eine erfolgreiche Wiedereingliederung müssen sowohl die Klassenlehrkräfte als auch die Eltern auf viele Aspekte achten. Die wichtigsten davon haben wir in den entsprechenden Checklisten untergebracht. 

Eine Checkliste für die Klassenlehrkraft und die Eltern finden Sie hier:

Nach einer längeren Zeit des unregelmäßigen oder komplett eingestellten Schulbesuchs sollte man davon ausgehen, dass der/ die Schüler*in fachliche Lücken aufweist. Damit einen Umgang zu finden ist entscheidend, um weitere Risikofaktoren von Schulabsentismus zu verhindern. Was kann man tun?

– Priorisieren, in welchen Fächern Inhalte nachzuholen sind. Nach längerer Abwesenheit gilt hier: weniger ist mehr. Lücken in Mathematik zu schließen hat wahrscheinlich mehr Priorität als in Fächern, die nicht aufeinander aufbauen.

– Unterstützung anbieten, durch Lehrkräfte, Mitschüler*innen und innerschulische Lernhilfen.

– Bei Bedarf außerschulische Nachhilfe zum Lückenschließen nutzen.

Eine Wiederholung der Klasse ist immer eine schwierige Frage und muss von verschiedenen Perspektiven betrachtet werden.  Grundsätzlich gilt, wenn das Kind in der Klasse gut eingebunden ist, sollte eine Wiederholung bei Absentismus möglichst vermieden werden. Eine Wiedereingliederung in eine neue Klasse stellt eine zusätzliche Herausforderung dar. Wenn bereits vor der langen Absenz eine Lernproblematik bestanden hat und diese anschließend sehr groß geworden ist, könnte das für eine Wiederholung sprechen. Auch ein Wechsel der Schulform zu einer dem Leistungspotential des Schülers/ der Schülerin kann sinnvoll sein. 

Eine sorgfältige Abwägung aller Faktoren, einschließlich der zur Verfügung stehenden Ressourcen für eine Schließung relevanter Lücken, führt im besten Fall zu einer Entscheidung, die von allen mitgetragen werden kann. 

Geschafft! Das Kind ist wieder in der Schule. Jetzt kann man durchatmen. Oder?

Ja, erstmal kann man das. Und auch sich selbst auf die Schulter klopfen, denn es gibt gute Gründe anzunehmen, dass es ab jetzt einfacher wird. 

Warum sollte man dennoch wachsam bleiben?  Das Kind hat in der langen Zeit der Schulvermeidung Lernerfahrungen gemacht, dass Vermeidung des Schulbesuchs Erleichterung bringt. Diese Lernerfahrung kann dazu führen, dass beim Auftreten von Schwierigkeiten auf diese „bewährte“ Strategie zurückgegriffen wird. Es dauert eine Weile, um diese Strategien zu „löschen“.

Wann sollte man besonders wachsam sein? Nach den Ferien und Wochenenden, nach Fehlzeiten durch Krankheiten, z.B. Erkältung oder beim Auftauchen von somatischen Beschwerden.